Wasserstoffbrücke nach Australien gewinnt an Konturen

Wasserstofftanker

Der Transport von grünem Wasserstoff ist eine der größten Herausforderungen.

(Foto: imago images/Kyodo News)

Der Import von Wasserstoff aus Australien in großen Mengen ist trotz der großen Distanz machbar. Das ist das Ergebnis einer dem Handelsblatt vorliegenden Studie des Instituts für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) zum regulatorischen Rahmen einer deutsch-australischen Wasserstoffbrücke. Damit rücken die ehrgeizigen Vorhaben deutscher Unternehmen zum Import von australischem Wasserstoff der Realisierung ein Stück näher.

Erarbeitet wurde die IKEM-Studie im Auftrag des Konsortiums „HySupply“, das von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) in Kooperation mit dem BDI betrieben wird und mit australischen Partnern den Aufbau einer Wasserstoff-Wertschöpfungskette analysiert. HySupply wird vom Bundesforschungsministerium und von der australischen Regierung gefördert.

Australien verfolgt ehrgeizige Pläne beim Aufbau von Produktionskapazitäten für grünen Wasserstoff. Deutsche Unternehmen wie Covestro oder Uniper könnten zu den ersten Kunden zählen. Sie haben bereits Absichtserklärungen über den Import von grünem Wasserstoff mit dem australischen Unternehmen Fortescue Future Industries (FFI) unterzeichnet. Die Lieferung soll 2024 beginnen.

Große Herausforderung: der Transport per Schiff

Grüner Wasserstoff entsteht mittels Elektrolyse. Dabei wird Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Wenn der für die Elektrolyse eingesetzte Strom aus erneuerbaren Quellen stammt, ist von „grünem“ Wasserstoff die Rede. Für die Herstellung von grünem Wasserstoff werden große Mengen Strom benötigt. Die Bedingungen für die Stromerzeugung mittels Wind und Sonne sind in weiten Teilen Australiens besonders gut.

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Eine Herausforderung stellt allerdings der Transport per Schiff nach Europa dar. Das gilt nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch mit Blick auf die Regulierung. Der Transport von Wasserstoff und seiner Folgeprodukte unterliegt einer Vielzahl von Vorschriften. Es gebe „hohe rechtliche Hürden für den Bau der Schiffe, die sichere Handhabung, die Dokumentation und das Personal“, heißt es in der Studie. Es seien mehrere Genehmigungen auf verschiedenen Ebenen erforderlich. Unter dem Strich ließen sich diese Hürden aber überwinden, so das Resümee der Autoren.

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Die Studie untersucht den Wasserstofftransport in verschiedenen Varianten: in Form von verflüssigtem Wasserstoff (LH2), in Form der Wasserstoff-Folgeprodukte Ammoniak, Methanol oder in speziellen Speichermedien (liquid organic hydrogen carriers, kurz LOHC).
Während beispielsweise der Transport von Ammoniak erprobt, reguliert und weltweit verbreitet ist, ist das bei der LOHC-Technologie noch nicht der Fall: Die Beförderung von LOHC sei noch nicht geregelt, sie unterliege weder Massenbegrenzungen, Verpackungsanforderungen und Sicherheitsvorschriften noch Zertifizierungsanforderungen, schreiben die Autoren der IKEM-Studie.

Zumindest eine vorläufige Bewertung gemäß MARPOL, des internationalen Übereinkommens zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe, könne erforderlich werden.
Auf der LOHC-Technologie ruhen große Hoffnungen. Unternehmen wie Hydrogenious aus Erlangen wollen Wasserstoff mittels LOHC leicht handhabbar machen und die Effizienz des Transports erhöhen.

Schiffsantrieb mit Diesel kaum vorstellbar

Eine weitere Herausforderung sehen die IKEM-Autoren im Antrieb der Tanker, die den grünen Wasserstoff über die Weltmeere transportieren. Es ist kaum vorstellbar, dass die Schiffsmotoren mit konventionellem Schiffsdiesel betrieben werden, weil das in krassem Widerspruch zu den Klimazielen stünde, zu deren Erreichung gerade der grüne Wasserstoff wesentliche Beiträge liefern soll.

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Doch während verflüssigtes Erdgas (liquefied natural gas, kurz LNG) als Schiffskraftstoff an Bedeutung gewinnt und auch die entsprechende Regulierung besteht, gilt das für Wasserstoff und seine Folgeprodukte nicht. „LOHC, LH2 und Ammoniak sind noch nicht als Schiffskraftstoffe geregelt. Für Methanol als Schiffskraftstoff gibt es vorläufige Leitlinien, die allerdings noch nicht rechtsverbindlich sind“, heißt es in der Studie.

Die Autoren verweisen darauf, dass CESNI, der europäische Ausschuss, der Normen im Bereich der Binnenschifffahrt entwickelt, mit der Ausarbeitung von Normen für die Verwendung alternativer Kraftstoffe in der Binnenschifffahrt begonnen habe und diese voraussichtlich im Jahr 2024 veröffentlichen werde.

Damit wird ein Grundsatzproblem deutlich: Es kann lange dauern, ehe die erforderlichen Regelungen verbindlich feststehen. Die Autoren veranschlagen dafür „bis zu fünf Jahre“. Wenn die Belieferung deutscher Unternehmen mit australischem Wasserstoff 2024 beginnen soll, sind fünf Jahre zu viel.

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