Wie gut es einer Gesellschaft geht, hängt nicht nur von ihrem Wohlstandsniveau ab. Für den subjektiven Wohlstand der Bevölkerung ist auch die allgemeine Lebenszufriedenheit eine entscheidende Größe. So hat das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) es jetzt beschrieben – und als Seismografen für die seelische Befindlichkeit der Bürger erstmals den „Monitor Wohlbefinden“ aufgelegt.
Er zeichnet ein detailliertes Bild, wie sich Alte und Junge, Singles und Familienmenschen, Akademiker und Migranten fühlen. Interessiert haben sich die Forscher dabei vor allem für die Ränder des Spektrums: Welchen Gruppen geht es besonders gut? Wer ist eher unzufrieden? Und wie ist die Lebenszufriedenheit insgesamt verteilt? „Für die Gestaltung von Politik sind vor allem die Ränder der Verteilung und Unterschiede zwischen demografischen Gruppen wichtig“, sagte BiB-Direktorin Katharina Spieß.
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Die Auswertungen basieren auf den Daten des familiendemografischen Panels aus dem Jahr 2021, das – neben vielen anderen Themen – auch die allgemeine Lebenszufriedenheit von Personen im Alter von 18 bis 49 Jahren erfasst. Ergänzt wurde die Auswertung mit Daten aus dem Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (Share), in dem Daten für die Altersgruppe 50 plus erhoben werden. Der Monitor Wohlbefinden soll künftig einmal im Jahr neu aufgelegt werden.
Doch was zeigt nun die erste Auflage? Für die 18- bis 49-Jährigen ergibt sich auf einer Skala von 0 („sehr unzufrieden“) bis 10 („sehr zufrieden“) ein solider Wert von 6,9. Nahezu die Hälfte der Frauen und Männer ist mit ihrem Leben insgesamt zufrieden, jeder Fünfte sogar sehr zufrieden. Je ein Drittel gibt an, wenig zufrieden zu sein. Statistisch signifikante Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern gibt es demnach nur in den frühen 20er- und 30er-Lebensjahren, in denen Frauen etwas zufriedener sind als Männer.
Singles sind unzufriedener
Die Generation Ü50 erreicht mit durchschnittlich 7,9 Punkten sogar noch höhere Zufriedenheitswerte, wie der Share-Survey ergibt. Allerdings sind die Zufriedenheitswerte bei den Älteren deutlich schwankungsanfälliger als bei den Jüngeren. „Das hat viel mit individuellen Lebensereignissen wie Renteneintritt oder Tod eines Partners zu tun“, sagte Spieß. Im Mittel sind die Menschen aber vor allem in den ersten Jahren des Ruhestands ziemlich glücklich – erst im höheren Alter nimmt die Zufriedenheit dann wieder ab. Grund sind vor allem gesundheitliche Einschränkungen.
Interessiert waren die BiB-Forscher aber weniger an den Durchschnittswerten, sondern vielmehr an den Ergebnissen für einzelne Gruppen. Dabei haben sie zunächst betrachtet, welchen Einfluss Partnerschaft und Kinder auf die Lebenszufriedenheit haben. Dabei zeigt sich, dass Singles im Mittel unzufriedener sind als Menschen, die mit einem Partner oder einer Partnerin zusammenleben – wobei offen bleibt, ob die Partnerschaft an sich sie zufriedener macht oder ob zufriedene Menschen eher geneigt sind, den passenden Partner zu finden und zu halten.
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Auch Kinder steigern den Befunden zufolge die Lebensqualität. Eltern sind im Mittel zufriedener als Menschen ohne Kinder, zudem ist der Anteil der sehr Zufriedenen bei den Eltern mit 18,9 Prozent höher als bei Personen ohne Kinder im Haushalt (13,1 Prozent). Eine wichtige Ausnahme machen die Forscher dabei allerdings aus: Bei Alleinerziehenden wirkt der Glücksfaktor Kind nur eingeschränkt – in diesen Haushalten ist der Anteil der Unzufriedenen mit 57 Prozent besonders hoch, insgesamt erreichen Alleinerziehende einen weit unterdurchschnitlichen Zufriedenheitswert von 5,9.
Quelle: Infografik WELT
„Unter allen Gruppen ist der Anteil der Unzufriedenen bei den Alleinerziehenden am Höchsten“, sagte Spieß. Damit werde einmal mehr deutlich, wie wichtig es sei, diese Gruppe stärker in den Fokus der Politik rücken. „Das ist besonders wichtig, weil die allgemeine Lebenszufriedenheit von Müttern nachweislich kindliche Entwicklungsmaße beeinflusst.“
Weitere Befunde: Wer in Paarhaushalten mit Kindern lebt, ist am häufigsten sehr zufrieden, bei Singles ohne Kind ist der Anteil der sehr Zufriedenen mit elf Prozent am niedrigsten. „Dies deutet darauf hin, dass Menschen zufriedener sind, wenn ihre Lebensform der traditionellen Norm von Partnerschaft und Kind nahekommt“, hält das BiB fest.
„Innere Nähe durch äußere Distanz“
Das gilt aber nur, solange die Kinder klein sind. Bei erwachsenen Kindern führt das Zusammenleben mit den Eltern zu einem geringeren Wohlbefinden. Als günstigste Konstellation erweist sich hier eine Entfernung von bis zu 29 Minuten vom Elternhaus. „Die Ergebnisse zeigen, dass die Vorstellung von innerer Nähe durch äußere Distanz durchaus berechtigt ist“, stellen die Autoren fest.
Quelle: Infografik WELT
Einen wichtigen Effekt auf das Wohlbefinden hat demnach auch Bildung: Akademikerinnen und Akademiker sind mit einem Mittelwert von 7,2 Punkten zufriedener als Menschen ohne einen akademischen Abschluss (6,8). Von Hochschulabsolventen sind nur 26 Prozent unzufrieden, bei den Menschen ohne akademischen Abschluss hingegen 36 Prozent und bei Menschen ohne Berufsabschluss sogar 52 Prozent. „Das zeigt, wie wichtig Bildung für den subjektiven Wohlstand der Bevölkerung ist“, sagte Spieß.
Quelle: Infografik WELT
Eine interessante Beobachtung machen die Forscher auch bei Menschen mit Migrationshintergrund: Demnach ist das Lebensgefühl von Einwanderern der ersten Generation deutlich besser als das ihrer Kinder. 20,1 Prozent der neu Hinzugezogenen bezeichnen sich als sehr zufrieden – bei der Folgegeneration können das nur 12,1 Prozent von sich behaupten. „Ein Grund hierfür könnte sein, dass sich die in Deutschland aufgewachsene zweite Generation in Bezug auf ihre Lebenssituation häufiger mit einheimischen Personen vergleicht“, heißt es in dem Bericht. „Dahingehend bewerten Personen der ersten Zuwanderungsgeneration ihre Lebenssituation eher in Relation zu jener in ihrem Herkunftsland.“
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