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Sollte Russland im Krieg gegen die Ukraine deutliche Fortschritte machen, droht die Lage zu eskalieren. Die Nato könne sich dann in einem Krieg befinden.

Tallinn/Frankfurt – Keine Kriegspartei werden – das ist das Ziel, das Kanzler Olaf Scholz seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs vermittelt. Bei der Frage, wie mit der Ukraine umgegangen werden soll, spalten sich die Meinungen der eins durch den Krieg vereinten EU. Polen und die baltischen Staaten bereiten sich auf mögliche russische Aggressionen vor. Deutschland wird wegen seiner Zurückhaltung gewarnt.

Warnung aus dem Baltikum: Entsendung von Truppen in die Ukraine

In Estlands Hauptstadt Tallinn fand vom 16. bis 18. Mai die außen- und sicherheitspolitische Lennart-Meri-Konferenz statt. Deutsche Regierungsvertreter wurden dort laut einem Bericht des Spiegels von baltischen Abgeordneten vor den Folgen der deutschen Politik gewarnt. Sollte Russland im Osten der Ukraine ein strategischer Durchbruch gelingen, aufgrund dessen, dass der Westen Kiew nicht genügend helfe, könnte sich die Lage dramatisch zuspitzen.

Entsendung von Truppen in die UkraineBundeskanzler Olaf Scholz (r, SPD) und der litauische Präsident Gitanas Nauseda fahren auf einem gepanzerten Militärfahrzeug während der litauisch-deutschen Militärübung. (Archivfoto) © Mindaugas Kulbis/dpa

Sollte dieser Fall eintreten, würden die baltischen Staaten und Polen selbst Truppen in die Ukraine schicken und nicht darauf warten, dass die russischen Truppen an ihre Grenzen aufmarschieren. Schlussendlich würde die Nato in den Krieg hineingezogen werden. Weiter hieß es, dass die Eingrenzung des Krieges durch die übertriebene Zurückhaltung das Risiko des Kontrollverlustes erhöhe.

Ukraine-Krieg: Nato-Ostflanke bereitet sich auf Russlands Durchbruch vor

Der Verlauf des Ukraine-Krieges hat gezeigt, dass Deutschland trotz der angekündigten „Zeitenwende“ im Vergleich zu anderen Staaten reserviert bleibt. So spielt Frankreich seit langem mit der Idee, Nato-Truppen in die Ukraine zu entsenden. Die baltischen Staaten und Polen sorgen sich um ihre Sicherheit. Daher will Polen mit dem Programm „Schutzschild Ost“ seine Außengrenzen im Osten zusätzlich sichern, um mögliche Angriffe durch Russland zu erschweren. Zudem verabschiedete Estland Mitte Mai ein Gesetz, das ermöglichen soll, eingefrorene russische Vermögenswerte für ukrainische Reparationszahlungen zu nutzen.

Kritik an Deutschlands Zurückhaltung im Ukraine-Krieg: Zwei-Prozent-Ziel nicht erreicht

Neben dem klaren Nein von Scholz zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine werden auch die immer noch geringen deutschen Ausgaben bei der Verteidigung kritisiert. Deutschland kommt dem Zwei-Prozent-Ziel der Nato mit 1,57 Prozent im Jahr 2023 zwar immer näher, bewegt sich damit jedoch immer noch im hinteren Teil der Ausgaben-schwächsten Staaten. Zudem liegt Deutschland deutlich hinter den baltischen Staaten, wie die offiziellen Zahlen der Nato zeigen.

Spitzenreiter 2023 war Polen mit 3,9 Prozent, gefolgt von den USA mit 3,49 Prozent und Griechenland mit 3,01 Prozent. In der Vergangenheit wies Scholz auch immer wieder auf die absoluten Ausgaben der Nato hin. Dabei würde sich Deutschland wiederum weit vorne einreihen. Dennoch bleibe weiterhin Potenzial, die Ausgaben zu steigern und damit auch mehr Waffen an die Ukraine zu liefern, zu denen Deutschland bereit ist.

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Russlands Durchbruch in der Ukraine: Deutschland könnte Kriegspartei werden

Sollte Russland an der Front in der Ukraine der Durchbruch gelingen und das Szenario des Einschreitens von Nato-Staaten in der Ukraine sich erfüllen, käme es also zum Ausbruch eines Krieges zwischen der Nato und Russland. Wenn Nato-Staaten in der Ukraine einschreiten würden, gäbe dies Russland den Anlass, weitere Nato-Mitglieder mit konventionellen Waffen anzugreifen, wie das European Leadership Network analysiert. Auch der Einsatz von taktischen Atomwaffen wäre möglich, da Russland mit dessen Einsatz immer wieder droht. Weitere Eskalationsstufen würden erreicht werden.

Sollte der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump die Wahlen in den USA im November gewinnen, stünde die Nato vor einem weiteren Problem. Trump hatte bereits mehrmals angekündigt, über einen US-amerikanischen Nato-Austritt nachzudenken, wenn er erneut zum Präsidenten gewählt werden würde. Mit einem Ausscheiden der USA aus der Nato wäre der stärkste Bündnispartner weg und damit eventuell auch eine wichtige finanzielle Unterstützung für die Ukraine. Wie stark der Einfluss der USA im Ukraine-Krieg ist, zeigte sich zuletzt, als Waffenlieferungen im US-Repräsentantenhaus von den Republikanern blockiert wurden.

Ein möglicher Durchbruch Russlands könnte laut der baltischen Analyse Deutschland daher auch zur Kriegspartei machen, selbst wenn Scholz alles versucht, um dies zu vermeiden. (vk)

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