Wirtschaft Sauberer Verkehr auf dem Meer

„Die Technologie ist vorhanden“ – bis 2045 könnte die Schifffahrt CO₂-neutral sein

Stand: 12:43 Uhr

CO2-neutrale Schifffahrt wäre bis 2045 „technisch machbar“ Containerschiffe nutzen meist noch Schweröl als Antrieb für ihre Motoren Containerschiffe nutzen meist noch Schweröl als Antrieb für ihre Motoren

Containerschiffe nutzen meist noch Schweröl als Antrieb für ihre Motoren

Quelle: pa/Christina Sabrowsky/dpa

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Der deutschen Schiffsindustrie dauert der internationale Plan für einen emissionsfreien Seetransport bis zum Jahr 2050 viel zu lange. Motorenhersteller und Verbände legen nun einen alternativen Zeitplan vor und setzen darin auf Wasserstoff.

Gerade hat die weltweit zweitgrößte Reederei für Containerschiffe, Maersk aus Dänemark, ein deutliches Signal gesetzt. Der Schifffahrtskonzern verabschiedet sich aus der wichtigen Branchenorganisation, dem International Chamber of Shipping (ICS) mit Sitz in London. Maersk begründet den Schritt mit einem Verweis auf die Pariser Klimaziele. „Unsere Wahl, aus dem ICS-Führungsgremium auszutreten, sollte in diesem Zusammenhang gesehen werden“, hieß es dazu in dem Konzern. Die Haltung der Organisation zum Klimawandel passe nicht zu den Zielen des Unternehmens.

Erstmals macht sich nun auch die deutsche Schiffsindustrie für ein rascheres Vorgehen stark. „Die internationale Schifffahrtsorganisation IMO ist zu langsam. Ihr Plan einer Dekarbonisierung der Schifffahrt zu 50 Prozent bis zum Jahr 2050 dauert zu lange, das kann viel schneller gehen“, sagt Uwe Lauber, Vorstandschef von MAN Energy Solutions. Dagegen traue sich die Europäische Union mehr zu in Sachen Klimaschutz. Die International Maritime Organization (IMO) ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in London und eng mit der Organisation ICS verbunden.

Doch dafür ist viel zu tun: Schließlich verbraucht die weltweite Schiffsflotte rund 350 Millionen Tonnen Treibstoff im Jahr, den sogenannten Bunker. Fast ausschließlich ist es derzeit noch ein dickflüssiges Schweröl aus Reststoffen der Raffinerien.

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Das soll sich möglichst rasch ändern. Nach Ansicht des MAN-Managers wäre es sinnvoll, zunächst Regelungen auf EU-Ebene festzulegen, mit welchen Emissionswerten Schiffe in europäische Gewässer einfahren dürften. „Die Technologie dafür ist vorhanden, technisch ist eine CO-2-Neutralität der Schifffahrt in europäischen Gewässern bis zum Jahr 2045 machbar“, sagt Lauber. In der gemeinsamen Studie „PtX-Roadmap für die Maritime Energiewende“, die WELT vorliegt, stellen der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) sowie der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) konkrete Forderungen und zeigen Wege der Umsetzung auf. Lauber ist in mehreren Positionen im VDMA aktiv und Mitglied im Nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung.

Die Studie beschreibt in einem detaillierten Plan, wie die Schifffahrt von fossilen Kraftstoffen wegkommen kann. „Die maritime Energiewende kann nur über den Einsatz von Wasserstoff gelingen. Nur darüber lassen sich große Mengen an synthetischen Kraftstoffen herstellen“, sagt Lauber.

Wasserstoff soll in Katar oder Nordafrika produziert werden

Dafür müsse die Schiffsindustrie fossile Energieträger wie etwa das Flüssigerdgas LNG (Liquefied Natural Gas) durch ein synthetisches Gas ersetzen. Die Motoren an Bord der Schiffe seien für beide Kraftstoffvarianten geeignet. Einige der zuletzt gebauten Frachtschiffe sind für den Antrieb mit LNG geeignet. Dadurch sinkt der Kohlendioxidausstoß um rund ein Viertel.

Doch der Aufwand ist groß. „Der Strom für die Elektrolyse von Wasserstoff muss in den Sonnengürtel der Welt erzeugt werden, zum Beispiel in Katar oder in Nordafrika“, sagt MAN-Manager Lauber. Die VW-Tochtergesellschaft ist der weltweit größte Hersteller von Schiffsmotoren. Zusätzlich zum Wasserstoff wird Kohlendioxid für die Produktion etwa von synthetischem Methanol benötigt. Dieser Stoff kann auch aus Deutschland kommen und per Schiff in die genannten Länder verbracht werden. „Wir müssen eine Kreislaufwirtschaft schaffen, die eine Herstellung dieser Kraftstoffe in großen Mengen ermöglicht“, sagt Lauber.

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Auf diesem von der portugiesischen Marine zur Verfügung gestellten Bild ist ein brennender Frachter auf dem Atlantik südlich der Azoren zu sehen. Ein Sprecher von VW in Wolfsburg bestätigte, dass Autos der VW-Gruppe an Bord waren. Nach dem Brand auf einem Frachter mit rund 4000 deutschen Autos mitten auf dem Atlantik fordern Experten eine Verbesserung der Löschanlagen auf den riesigen Transportschiffen. (zu dpa Zu groß für Brandschutz?

Allerdings sind die Dimensionen gewaltig. Um nur ein Prozent jener 350 Millionen Tonnen Schweröl, die jährlich in den Schiffsmaschinen verfeuert werden, durch grüne Energie in Form synthetischer Kraftstoffe auf Wasserstoffbasis zu ersetzen, sind nach den Berechnungen neun Gigawatt Stromleistung und acht Millionen Tonnen Kohlendioxid nötig.

Auch der Preis ist noch vergleichsweise hoch. Derzeit ist synthetisch hergestellter Kraftstoff etwa viermal so teuer im Vergleich zum Schweröl. „Durch Skaleneffekte werden die Kosten sinken. Irgendwann wird fossiler Treibstoff kaum mehr günstiger sein“, sagt Lauber. Die Transformation komme nicht von allein und sie koste Geld. „Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die Umsetzung voranzutreiben. Schließlich verdienen die Reedereien derzeit gut“, sagt Lauber.

Emissionshandel der EU soll auch Schifffahrt einbeziehen

Allerdings müssten Ziele und Verpflichtungen für alle Reedereien gleichermaßen bindend sein. „Die Reeder legen die Kosten auf die Kunden um. Für sie ist es ausschließlich wichtig, dass für alle Wettbewerber die gleichen Rahmenbedingungen gelten“, sagt Lauber. Deshalb sei die Einbeziehung der Schifffahrt in den Emissionshandel der Europäischen Union der richtige Weg, um Veränderungen auszulösen. Hinter den Ankündigungen und Forderungen steckt auch die Hoffnung auf ein gigantisches Geschäft für MAN. Schließlich hat der Maschinenhersteller weltweit 20.000 Schiffsmotoren im Einsatz.

Tatsächlich unternimmt die Reederei Maersk viel mehr, um die eigene Schifffahrt auf emissionsfreie Antriebsarten umzustellen, als weite Teile der Schifffahrtsindustrie. So setzt der Konzern aus Kopenhagen bereits in ersten Containerfrachtern flüssiges Methangas als Treibstoff ein, das aus Bioabfall hergestellt wird und weitgehend frei von Kohlendioxidemissionen ist. Vor allem aber drängt Maersk zur Eile und will nicht erst in ferner Zukunft zur Mitte des Jahrhunderts eine grüne Schifffahrt auf den Meeren betreiben.

Quelle: Infografik WELT

Die größte deutsche Containerreederei, Hapag-Lloyd aus Hamburg, hat sich ebenfalls höhere Ziele gesetzt. So soll der Kohlendioxidausstoß der eigenen Flotte bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent im Vergleich zum Stand von 2019 gesenkt werden. Ab 2045 will Hapag-Lloyd auf den Schiffen klimaneutral unterwegs sein. Mit welchen Antriebsarten dies gelingen soll, ist allerdings noch völlig offen.

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