Die Energiewende ist in vollem Gange. Deutschland hat ehrgeizige Ziele formuliert und das Potenzial der digitalen Technologien erkannt. Dennoch stehen wir vor großen Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung.
Deutschland hat eine ehrgeizige Energiewende angekündigt. Dabei stellen neben der vollständigen Umstellung auf erneuerbare Energien bis 2050 auch die Umstellung auf Elektromobilität und Wärmepumpen zentrale Herausforderungen dar. Eine umfassende digitale Transformation im Energiesektor kann Abhilfe für den stetig steigenden Stromverbrauch und die gleichzeitig zunehmende Unsicherheit durch den hohen Anteil erneuerbarer Energien schaffen. Die Wichtigkeit der digitalen Transformation hat auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) erkannt, der die Bedeutung der Digitalisierung der Energiewirtschaft als das größte nationale IT-Projekt aller Zeiten bezeichnet. Die digitale Transformation sei folglich ein integraler Bestandteil der Energiewende, um ein nachhaltiges Energiesystem basierend auf erneuerbaren Energien zu ermöglichen.
Von der Optimierung des Stromnetzes bis hin zur Verbesserung der Energieeffizienz bietet die digitale Transformation eine Vielzahl an Chancen für neue Geschäftsmodelle und Innovationen im Energiesektor. Etablierte Unternehmen wie Start-ups haben das Potenzial erkannt. Diese setzten vermehrt auf künstliche Intelligenz, digitale Zwillinge, Cloud Computing und die Blockchain-Technologie. Das Ergebnis sind innovative und nachhaltige Lösungen in den Bereichen Energiemanagement, Energiehandel und dezentrale Energieerzeugung zu entwickeln.
Beispiel Darmstädter Energie-Labor
Eine dieser Lösungen ist das “Smart Grid”, das intelligente Stromnetz. Auf der Grundlage moderner Sensoren, Kommunikationstechnologien und Analysen bündeln Smart Grids eine Reihe digitaler Technologien und ermöglichen die Überwachung und Steuerung von Energieflüssen in Echtzeit. Mit dem zunehmenden Anteil an erneuerbaren Energiequellen helfen Smart Grids, die Stromerzeugung an die fluktuierende Verfügbarkeit von Sonne und Wind anzupassen, um weiterhin die Netzstabilität zu gewährleisten. Intelligente Stromnetze ermöglichen zudem eine präzise Verbrauchskontrolle und Tarifgestaltung, wodurch die Energiekosten gesenkt werden können.
Wie der großflächige Einsatz von digitalen Technologien funktionieren kann, zeigt das Reallabor DELTA (Darmstädter Energie-Labor für Technologien in der Anwendung), das eine Vielzahl der genannten Technologien bündelt. Darüber hinaus adressiert das Projekt auch die anstehenden Kopplungen zwischen dem Energiesektor und den Sektoren Wärme und Mobilität. Neben großen Unternehmen wie Merck und Forschungseinrichtungen wie der TU Darmstadt ermöglicht DELTA auch Start-ups, ihre innovativen Ideen in einer realen Umgebung zu testen. Das Projekt DELTA zeigt, wie durch die digitale Vernetzung von Ressourcen, Akteuren und Sektoren ein ganzheitliches, effizientes und nachhaltiges Energiesystem geschaffen werden kann.
Wo Visionen auf Grenzen stoßen: Der Smart Meter Rollout in Deutschland
Während die Potenziale digitaler Technologien den Fortschritt in der Energiewende mit großen Schritten vorantreiben, steckt die Umsetzung insbesondere in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Ein zentraler Baustein ist der Smart Meter und die daraus gewonnen Daten. Ermöglicht werden soll das mit dem Smart Meter Rollout, welcher am 20. April 2023 von der Bundesregierung in die Wege geleitet wurde. Dennoch hinkt Deutschland im internationalen Vergleich auch beim Smart Meter Einbau im internationalen Vergleich hinterher. Der Rollout sieht eine flächendeckende Abdeckung erst ab 2033 vor, wobei Privathaushalte bisher befreit sind. Um die Herausforderungen zu meistern, bedarf es mehr politischen Willen zur Beschleunigung der Digitalisierung der Energiewende.
Insgesamt ist die digitale Transformation eine essenzielle Grundlage für eine erfolgreiche Energiewende. Um Unsicherheiten durch schwankende und dezentrale Energieproduktionen auszugleichen, werden die Daten von allen Elementen im Netz benötigt. Nur dadurch kann der zuverlässige Netzbetrieb gewährleistet werden. Viele innovative und nachhaltige Konzepte existieren bereits und insbesondere in der Forschung gibt es viele deutsche Teilnehmer. Woran es aber in Deutschland scheitert ist eine flächendeckende digitale Infrastruktur. Letztlich wird sich das Ergebnis der Energiewende daran zeigen, wie erfolgreich Deutschland die praktische Umsetzung meistert und die Chancen der Digitalisierung im Energiesektor nutzt.
*Johannes Hett, Niklas Krings, Jesse Yang und Yannik Zweidinger sind Studierende der TU Darmstadt. Dieser Beitrag ist im Rahmen der Fallstudienübung “Digital & Sustainable – Wie Digitalisierung bei Nachhaltigkeit und Klimaschutz helfen kann“ im Sommersemester 2023 entstanden.