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VonKarolin Schäfer
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Millionen Deutschlandtickets wurden seit dem 1. Mai 2023 verkauft. Doch hält es tatsächlich, was angekündigt wurde? Eine ARD-Reportage schafft Klarheit.
Frankfurt – Unbegrenzt, unkompliziert und bundesweit im öffentlichen Nahverkehr gültig – das verspricht das Deutschlandticket für 49 Euro. Seit dem 1. Mai 2023 können Reisende den Nachfolger des 9-Euro-Tickets in der gesamten Bundesrepublik nutzen. Allerdings steht es immer wieder in der Kritik. Zuletzt zeigte eine Auswertung der Verbraucherzentrale zum Deutschlandticket, dass in vielerlei Hinsicht noch Luft nach oben ist. Auch Meteorologe Sven Plöger und ARD-Moderatorin Fatma Mittler-Solak haben das Ticket getestet. Das Ergebnis: ernüchternd.
Deutschlandticket | |
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Preis pro Monat | 49 Euro |
Geltungsbereich | Deutschlandweit in allen Verkehrsmitteln des öffentlichen Nahverkehrs |
Kündigungsfrist | monatlich kündbar |
Bilanz zum Deutschlandticket in ARD-Sendung: „Es ist ein Ertragen im Moment“
Plöger fährt seit Jahren konsequent mit öffentlichen Verkehrsmitteln, erklärte er in der ARD-Reportage „Besser Bahnfahren“. Auch, um seinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Hunderte Bahnreisende melden sich in der Reportage zu Wort. Ihre Bilanz: Bahnen und Züge verspäten sich regelmäßig, sind überfüllt oder fallen sogar ganz aus. Auf dem Land gibt es dagegen in den meisten Fällen erst gar keine halbwegs zuverlässige Infrastruktur.
Grundsätzlich sind viele von der Idee, ein preiswertes Ticket für den bundesweiten Nahverkehr, überzeugt. Allerdings hadere es an der Umsetzung. „Es ist ein Ertragen im Moment“, sagte Plöger. Verkehrsökologe Jochen Eckart vom Baden-Württemberg Institut für Nachhaltige Mobilität hat die Berichte der Reisenden für die ARD ausgewertet. Der ÖPNV sei besser, als sein Ruf, erklärte er. Doch viele Fahrgäste würden sich vor allem an die negativen Erfahrungen erinnern.
Zu wenig Angebot, Unpünktlichkeit und volle Bahnsteige schrecken viele noch von der Nutzung des Deutschlandtickets ab.
© Rico Thumser/imago
Positiv hervorzuheben sei laut Eckart, dass die Kosten inzwischen eine geringere Rolle spielen. In dieser Hinsicht hat das Deutschlandticket also einen preiswerteren Nahverkehr ermöglicht. Für Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) steht fest: Mit dem Deutschlandticket wird es „einfacher, den ÖPNV zu nutzen.“
Deutschlandticket: Hält es, was es verspricht? – „Fahrgäste brauchen weiter starke Nerven“
Mittler-Solak zufolge sei das aber noch nicht überall möglich. Vielerorts wird gebaut, wichtige Strecken sind über Wochen gesperrt, vor allem rund um Stuttgart. Das wird für Pendlerinnen und Pendler zur Belastungsprobe. Achim Stauß, Konzernsprecher der Deutschen Bahn, räumte ein, dass auch Pünktlichkeit ein großes Problem ist. Die Generalsanierung wichtiger Streckenabschnitte, etwa zwischen Frankfurt und Mannheim, soll Abhilfe schaffen. Das ist auch Plögers Eindruck. „Es muss dringend saniert und gebaut werden. Aber Fahrgäste brauchen wohl weiter starke Nerven“, schilderte er.
Was in der Stadt zu viel ist, ist auf dem Dort zu wenig: Vor allem auf dem Land erreicht das Deutschlandticket noch zu wenige Menschen. Grund: Der ÖPNV ist schlichtweg zu schlecht ausgebaut.
© Sebastian Kahnert/dpa
Und wer profitiert bislang vom Deutschlandticket? Laut Verband Deutscher Verkehrsunternehmen nutzen vor allem Menschen in Ballungsräumen und diejenigen, die ohnehin viel Bahn fahren, das Deutschlandticket. Um auch alle anderen zu erreichen, bedürfe es laut Wissing eine Verbesserung der Angebote und Infrastruktur, sagte er in der ARD-Sendung.
Deutschlandticket in ARD-Sendung: Autoverkehr in einigen Städten rückläufig
Einen Erfolg auf der Straße lässt sich nach einigen Monaten aber schon feststellen. Einer Auswertung des Navigationsanbieter Tomtom auf ARD-Anfrage zufolge, sei in 19 von 26 untersuchten Städten in Deutschland der Autoverkehr rückläufig. Doch allein kann das Deutschlandticket die Verkehrswende nicht stemmen und mehr Menschen von der Straße auf die Schienen holen. Eine Umfrage von Infratest Dimap zeigte kürzlich, dass das Ticket für 42 Prozent der Befragten nicht infrage kommt. 40 Prozent dagegen können sich die Nutzung vorstellen. Die Verkehrswende werde für Politik und Bahn zur „Mammuaufgabe“, bilanzierte Plöger.
Wie es mit dem Ticket künftig weiter geht, bleibt vorerst abzuwarten. Schon jetzt gibt es neue Einschränkungen für Reisende. Laut Verband Deutscher Verkehrsunternehmen könnte der Preis für das 49-Euro-Ticket künftig steigen. Einige befürchten dagegen, dass der Fortbestand des Deutschlandtickets auf der Kippe steht. (kas)
Rubriklistenbild: © Rico Thumser/imago