Der regierungskritische türkische Journalist Erk Acarer, der in Berlin im Exil lebt, ist im Hof seines Hauses angegriffen und verletzt worden. Die Täter hätten ihn mit Fäusten und Messern attackiert, schrieb Acarer am Mittwoch im Onlinedienst Twitter.
Er schwebe nicht in Lebensgefahr, stehe jedoch im Krankenhaus unter Beobachtung, da er einige Schwellungen am Kopf habe, berichtete er am späten Mittwochabend in weiteren Tweets. Er und seine Familie ständen unter Schutz. “Ich kenne die Täter”, schrieb Acarer. “Ich werde mich dem Faschismus nie ergeben.”
In einem Video bei Twitter stellte Acarer eine direkte Verbindung zur AKP, der Partei des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan, und der mit ihr verbündeten nationalistischen MHP her. “Drei Leute haben mich angegriffen”, sagte Acarer. “Sie waren islamistische und faschistische Leute von AKP- und MHP-Unterstützern.” Der Angriff sei “ein Beweis, dass alles richtig ist, was wir über diese Leute berichten”. Er werde weiter als Journalist arbeiten und “niemals aufgeben”.
Die Polizei bestätigte dem Tagesspiegel den Angriff. Anders als zunächst berichtet, habe dieser sich jedoch nicht in der Wohnung, sondern im Hof des Mehrfamilienhauses im Neuköllner Ortsteil Rudow ereignet, in dem Acarer wohnt, wie eine Sprecherin erklärte. Dort hätten ihm am Mittwochabend gegen 21.50 Uhr drei Männer aufgelauert. Zwei hätten ihn geschlagen und getreten, einer habe Schmiere gestanden, erklärte die Polizeisprecherin. Einen Angriff mit Messern bestätigte sie nicht.
Der 48-Jährige sei mit Verletzungen am Kopf in ein Krankenhaus gebracht, aber nach ambulanter Behandlung wieder entlassen worden, berichtete die Sprecherin weiter. Weil Acarer seine Tätigkeit als Journalist hinter dem Angriff vermute, habe der für politische Taten zuständige Polizeiliche Staatsschutz die Ermittlungen übernommen. Zeugen hätten die drei Täter beschrieben, namentlich seien diese aber nicht bekannt. Zu etwaigen Schutzmaßnahmen äußere sich die Polizei grundsätzlich nicht, erklärte die Sprecherin weiter.
Acarer ist seit 2017 im Berliner Exil
Acarer wurde zusammen mit anderen Journalisten in der Türkei angeklagt. Vorgeworfen wurde ihnen die Veröffentlichung von geheimen Informationen zur staatlichen Sicherheit und zu Geheimdienstaktivitäten. Hintergrund waren nach Angaben von Amnesty International unter anderem Berichte über einen in Libyen getöteten Mitarbeiter des türkischen Geheimdienstes.
Der Journalist war im April 2017 mithilfe von “Reporter ohne Grenzen” mit seiner Frau und seiner Tochter nach Berlin gekommen, wie die Organisation auf ihrer Website schreibt. Demnach habe er an der Universität von Ankara Sozialanthropologie studiert und zwei Jahrzehnte lang für verschiedene türkische Zeitungen und Zeitschriften, darunter Cumhuriyet, Sabah, Habertürk und Milliyet geschrieben.
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Zuletzt sei er Journalist bei der linksoppositionellen Tageszeitung Birgün gewesen und habe schwerpunktmäßig über Themen wie islamistischer Terror, islamischer Fundamentalismus und den Krieg in Syrien berichtet. Schon in der Türkei sei er wegen seiner kritischen Berichterstattung immer wieder bedroht worden, heißt es bei “Reporter ohne Grenzen”. In Berlin habe Acarer Arbeit bei der “taz Gazete” gefunden, einem türkischsprachigen Nachrichtenportal der “taz”.
Der ebenfalls im deutschen Exil lebende türkische Journalist Can Dündar wertete den Angriff als “direkte Botschaft” von Staatschef Erdogan, der damit deutlich machen wolle, dass die Türkei “einen regimekritischen Journalisten sogar in Berlin angreifen” könne.
Auch die Journalistin Mesale Tolu, die 2017 mehrere Monate in der Türkei in Untersuchungshaft saß, verurteilte den Angriff. “So viele Menschen suchen Schutz in Deutschland und werden dann auch hier aggressiver Gewalt ausgesetzt. Das muss ein Ende haben”, schrieb sie auf Twitter. (Tsp, AFP, dpa)