München Die Corona-Pandemie hat die Möglichkeiten des 3D-Drucks in zweierlei Hinsicht aufgezeigt: Zu Beginn der Krise wurden mit der Technologie Beatmungsgeräte und Gesichtsschilder gefertigt. Als dann die Lieferketten unterbrochen waren, fertigten Firmen dringend benötigte Ersatzteile mit dem 3D-Drucker.
„In vielen Chefetagen wird man sich jetzt überlegen, wie man die Abhängigkeiten verringern kann“, sagt Branchenpionier Frank Herzog. Mithilfe der additiven Fertigung könne man nicht nur in Krisenzeiten schnell reagieren. „Der 3D-Druck wird sich durchsetzen und seinen festen Platz in der Industrie finden.“
Experten prognostizieren für die Branche zweistellige Wachstumsraten. Laut einer Studie von Learnbonds könnte der 3D-Druck-Markt bis 2024 von gut 16 auf 40,8 Milliarden Dollar wachsen. Deutsche Unternehmen wie Eos, Concept Laser und Trumpf spielen in der Branche eine führende Rolle.
Herzog will dafür sorgen, dass sie diese gute Ausgangsposition behaupten können. Der Gründer von Concept Laser hat gemeinsam mit seiner Frau Kerstin einen Venture-Capital-Fonds aufgelegt. 50 Millionen Euro will er in junge Start-ups in der Szene investieren.
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Im Investmentfokus sollen alle Bereiche des 3D-Drucks stehen, von Maschinen über Dienstleistungen bis zu Robotik, Automation und Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz. Erste Engagements sind bereits getätigt. Die Hälfte des Kapitals haben er und seine Frau über die HZG Group bereits bereitgestellt, der Rest soll von Family-Offices und Einzelinvestoren kommen. Teil der Initiative sind auch ein neues Entwicklungszentrum und der Start-up-Inkubator Naddcon.
Frank Herzog
Der Gründer von Concept Laser hat gemeinsam mit seiner Frau Kerstin einen Venture-Capital-Fonds aufgelegt.
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Beteiligungsfirmen, aber auch andere Start-ups können hier mit der neuesten Technik arbeiten, zudem stehen ihnen die Herzogs mit Rat und Tat zur Seite. „Wir kehren zurück zu unseren unternehmerischen Wurzeln“, sagt Herzog.
Verkauf der Firma an General Electric
Der Unternehmer hatte gemeinsam mit seiner Frau bereits im Jahr 2000 den Marktführer Concept Laser gegründet. Seine Firma verkaufte er vor fünf Jahren für einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag an General Electric. Auch in der Unternehmenskrise hielt GE an der Sparte fest – die auch wichtig ist für die eigenen Luftfahrtwerke. So produzieren die Amerikaner in Prag beispielsweise einen Turbopropeller-Motor, der nur noch aus zwölf Teilen besteht. Mit klassischen Produktionsverfahren waren es 950.
Doch nun könnte sich der 3D-Druck auch verstärkt in anderen Branchen durchsetzen. Die weltweite Teileknappheit hat bei vielen Firmen ein Umdenken ausgelöst. „Digitale Ersatzteile werden für die Branche ein großes Wachstumsthema“, sagte Lutz Feldmann, Europachef des 3D-Druck-Spezialisten Markforged.
Auch General Electric kann diese Impulse gut gebrauchen. Der US-Konzern hatte sich die Additive-Sparte mit Großakquisitionen wie dem Kauf von Herzogs Concept Laser und der schwedischen Arcam zusammengebaut. Vor zwei Jahren eröffnete GE ein 40.000 Quadratmeter großes Werk im oberfränkischen Lichtenfels. Allerdings kündigte der US-Konzern im vergangenen Jahr mit Verweis auf Corona zwischenzeitlich einen Stellenabbau an dem Standort an.
Langjährige Erfahrung im 3D-Druck hat auch Trumpf. Der deutsche Konzern stellte vor wenigen Tagen seine neue Maschinengeneration TruPrint3000 vor. Diese kann alle schweißbaren Werkstoffe verarbeiten, von Stahl über Titan bis Aluminium. Durch einen zweiten Laser verdoppelt sich die Produktivität.
Daneben spielt der deutsche Druckerhersteller Eos, der sich einst mit Concept Laser um die Weltmarktführung duellierte, weiter eine führende Rolle. „Additive, dezentrale Fertigung ermöglicht eine flexible, datenbasierte On-Demand-Produktion dort, wo sie gebraucht wird“, sagte Eos-Chefin Marie Lange dem Handelsblatt. Vorfinanzierung von Produkten, Mindestproduktionsmengen oder Überproduktion könnten vermieden sowie Lagerhaltungs- und Logistikkosten reduziert werden. Daneben gibt es auch viele Start-ups, die sich mit der Technologie beschäftigen.
Nach dem Hype kam die Ernüchterung
Um den 3D-Druck – die Branche spricht im Industriebereich lieber von additiver Fertigung – hatte es vor einigen Jahren einen regelrechten Hype gegeben. Pizzas wurden ebenso gedruckt wie Häuser, um die Möglichkeiten der neuen Technologie aufzuzeigen.
Es folgte die übliche Phase der Ernüchterung. „Die Anlagen müssen noch robuster und verlässlicher werden“, sagte Herzog anlässlich der Branchenmesse AMTC. Hier komme man voran, auch dank der Arbeit der deutschen Maschinenbauer. Zudem bremse noch die fehlende Standardisierung: „Jeder Maschinenbauer hat zum Beispiel sein eigenes Pulversystem.“ Hier müsse die Industrie enger zusammenarbeiten.
Vor allem aber, glaubt Herzog, müsse die Politik die Technologie stärker fördern. In China sei die additive Fertigung Teil des Fünfjahres-Plans. In Deutschland seien zwar die Grundlagen für die Technologie geschaffen worden. Doch müsse die Anwendung gerade im Mittelstand finanziell unterstützt werden. „Wir brauchen eine massive Förderwelle.“
Auch der Berliner Verband 3DDruck hatte in einem Positionspapier vor der Bundestagswahl gefordert, jetzt die richtigen Weichen zu stellen. „Nach erfolgreicher Erprobung bieten sich Chancen zur disruptiven Entwicklung neuartiger und überlegener Anwendungslösungen für die deutsche und europäische Wirtschaft.“
Viele Unternehmen scheuten die hohen Investitionen
Der Verband forderte, 3D-Druck-Forschungsaktivitäten stärker zu fördern. „Gerade der Mittelstand benötigt Impulse, um maßgeschneiderte Geschäftsmodelle zu entwickeln.“ Viele Unternehmen scheuten noch die hohen Investitionen. Zudem sprach sich der Verband unter anderem dafür aus, 3D-Druck-Inhalte in Lehr- und Studienpläne aufzunehmen und 3D-Drucker an den Schulen zu installieren.
Pionier Herzog ist selbst schon längst beim Nachwuchs unterwegs, um den 3D-Druck voranzubringen. In Schulen will er in den nächsten Wochen Schokolade drucken. Schon länger bietet er für Kinder und Erwachsene digitale Fortbildung in der Region an, ein Masterstudiengang ist auf den Weg gebracht.
Mit dem neuen Fonds investierte er nach Informationen des Handelsblatts bereits unter anderem in die Rostocker Firma AIM3D, die einen Multimaterialdrucker entwickelt hat, der deutlich kostengünstiger als bisherige Maschinen arbeiten soll. „Wir können solchen Firmen sicher helfen, die Entwicklung zu beschleunigen“, sagt Herzog. So könne er unternehmerisch und technologisch zur Seite stehen und Kontakte zu möglichen Kunden und Kooperationspartnern vermitteln.
Die Kontakte kann er neuerdings auch am Fußballplatz knüpfen: Der umtriebige Unternehmer wurde zum Präsidenten des FC Lichtenfels gewählt.
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