Deutschland Aus Frust über ihre Partei
Grünen-Abgeordnete wechselt zur Union – Kreisverband fordert Verzicht auf Mandat
Stand: 02.07.2024
Aus Frust über ihre Partei – Grünen-Abgeordnete wechselt zur Union
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen wechselt in die Unionsfraktion. „Meine Entscheidung ist das Ergebnis eines langen Prozesses“, bestätigte Sekmen der Nachrichtenagentur dpa einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenportals „Table Media“.
Die Grünen verlieren eine Bundestagsabgeordnete: Melis Sekmen aus Mannheim hat angekündigt, sich der Unionsfraktion anzuschließen. Sie begründete das mit dem Politikstil der CDU, aber auch die grüne Wirtschaftspolitik soll eine Rolle gespielt haben. Ihr Kreisverband reagiert.
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Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Melis Sekmen wechselt in die Unionsfraktion. „Meine Entscheidung ist das Ergebnis eines langen Prozesses“, bestätigte Sekmen der Nachrichtenagentur dpa einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenportals „Table Media“.
Sekmen wird schon an diesem Dienstag in der Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag erwartet. Die 30-Jährige aus Mannheim wird als Gast an den routinemäßigen Beratungen der CDU/CSU-Abgeordneten teilnehmen.
Die 30-Jährige sprach von einem „Schritt nach vorne“ und ergänzte: „Meine Vorstellung darüber, wie und in welchem Stil Politik gemacht wird, hat sich weiterentwickelt.“ Sekmen hat türkische Wurzeln – ihr Vater war als Jugendlicher nach Deutschland gekommen. Sie ist in Mannheim geboren und sitzt seit 2021 im Bundestag.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) sagte der dpa, die Fraktion freue sich, Sekmen bald als neues Mitglied begrüßen zu können. Die Abgeordnete werde in den nächsten Tagen eine Mitgliedschaft im CDU-Kreisverband Mannheim anstreben. „Mit ihrer Familiengeschichte und ihren Themen verbindet Frau Sekmen vieles, wofür auch die CDU steht. Wir machen Politik für die fleißigen Menschen in unserem Land.“
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Sekmen hat nach eigenen Angaben am Montag ihren Austritt bei den Grünen und aus der Grünen-Bundestagsfraktion erklärt.
Sekmen: Debattenkultur ohne Schubladen
Sekmen räumte ein, dass ihr Schritt manche Menschen enttäuschen werde und erklärte: „Wir brauchen eine Debattenkultur, in der Menschen ihre Meinung und ihre Sorgen sagen können, ohne in Schubladen gesteckt zu werden.“ Sie fügte hinzu: „Diese Stimmen müssen aus einer starken Mitte und nicht aus den extremen Rändern der Politik kommen.“ Menschen über ihr Tun, ihr Wirken und nicht über ihre Herkunft zu definieren, dafür stehe für sie das neue Grundsatzprogramm der CDU.
Zudem sagte Sekmen, dass die CDU ihrer Absicht nach für eine offenere Debattenkultur stehe. Nötig sei eine „Debattenkultur, die auch unbequeme Realitäten benennen kann und in der Menschen für ihre Meinungen oder ihre Sorgen nicht in Schubladen gesteckt werden“. Solche Äußerungen dürften nicht den extremen Rändern überlassen werden, sondern müssten „aus einer starken Mitte kommen“.
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Dem Austritt sei ein „sehr gutes Gespräch“ mit CDU-Chef Merz vorausgegangen, sagte Sekmen. „Ich freue mich auf meinen neuen Platz bei der CDU in Mannheim und im Bund.“ Zuvor hatte „Table Media“ unter Berufung auf Parteikreise geschrieben, aus Enttäuschung über die grüne Wirtschaftspolitik habe Sekmen schon vor Wochen Kontakt zur CDU aufgenommen und mit Merz sowie dem Vorsitzenden der baden-württembergischen Landesgruppe im Bundestag, Andreas Jung, und dem Chef der Südwest-CDU, Manuel Hagel, über ihren Wechsel zur CDU gesprochen.
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Der Grünen-Kreisverband Mannheim fordert Sekmen zum Verzicht auf ihr Mandat auf. Der Kreisverband in Mannheim zeigte sich enttäuscht von der Entscheidung Sekmens. „Melis Sekmen ist über die Grüne Landesliste in den Bundestag eingezogen“, hieß es in einer Stellungnahme. „Wir fordern deshalb, dass Melis Sekmen ihr Bundestagsmandat abgibt, sodass eine andere Person der gewählten Grünen Liste statt ihr im Bundestag vertreten sein kann.“
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, bedauerte den Wechsel ihrer Fraktionskollegin zur CDU gegenüber den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. „Innerhalb der Fraktion werden wir nun beraten, wie wir organisatorisch damit umgehen.“
Zuletzt wechselte 1996 mit Vera Lengsfeld eine Grüne zur Union
Die Union ist mit 195 Abgeordneten die zweitstärkste Fraktion im Bundestag, hinter der SPD mit 207 Abgeordneten. Die Grünen schrumpfen durch den Wechsel Sekmens auf 117 Mandate.
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Im Bundestag ist Sekmen Obfrau der Grünen im Wirtschaftsausschuss und seit 2022 Vorsitzende des Parlamentskreises „Gründungen & Start-ups“. Seit 2011 ist sie Grünen-Mitglied, von 2011 bis 2014 war Sekmen Sprecherin der Grünen Jugend in ihrer Heimatstadt. 2014 wurde sie in den Mannheimer Gemeinderat gewählt, von 2019 bis 2022 war sie dort Fraktionsvorsitzende.
Dass Abgeordnete die Fraktion wechseln, kommt selten vor. Die Unionsfraktion konnte zuletzt Ende 1996 einen Zugang aus einer anderen Fraktion verbuchen. Damals war die frühere DDR-Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld ebenfalls von den Grünen zur Union gewechselt. Ende vergangenen Jahres trat Lengsfeld, die von 1990 bis 2005 im Bundestag saß, aus der CDU aus.