Gegen Ende einer durchwachsenen Saison kommt Florian Gruber immer besser in Form. Bei der Europameisterschaft präsentierte er sich als Teil europäischen Spitze – das bekam auch sein Dauerrivale zu spüren.

Dieses 2021 war lange kein schönes Jahr für Florian Gruber. Gejammert hat er trotzdem nie. Nicht über die vielen Coronatests Anfang des Jahres, die nötig waren, damit er zu den in ganz Europa verstreuten Rennen hatte reisen dürfen. Auch nicht über die Zusatzbelastung durch seine Bachelorarbeit, deren Erstellung nicht zuletzt deswegen ziemlich wichtig war, weil man als Kitesurfer eben nicht dauerhaft von seinem Sport leben kann. Und Gruber hat selbst dann nicht resigniert, als er sich Mitte Juni bei einem Trainingsunfall auf dem beschaulichen Walchensee den Daumen gleich zweifach gebrochen hat. Mehrwöchige Sportpause inklusive.

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Dass es aber doch ein wenig an ihm genagt hat, dieses komplizierte Jahr 2021, war spätestens Mitte August in St. Peter Ording zu spüren. Als es bei der Deutschen Meisterschaft an der Nordseeküste nur zu Platz zwei reichte – hinter Kumpel und Dauerrivale Jannis Maus. Ziemlich sauer war Gruber da, hat seinen Helm wütend weggeschleudert, als er wieder am Ufer war, weiß Vater Erwin zu berichten, der bei den Rennen seines Sohnes regelmäßig hochnervös mitfiebert.

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Knapp einen Monat ist das her. Nun, bei der Euopameisterschaft in Montpellier an der französischen Mittelmeerküste wollte Gruber Revanche nehmen, zeigen, dass die alte Hackordnung noch immer gilt. Die Schmerzen am Daumen sind abgeklungen, die vergangenen Wochen konnte der 27-Jährige weitgehend störungsfrei trainieren. Gute Voraussetzungen also, wenngleich die internationale Konkurrenz in den letzten Jahren enger zusammengerückt ist. “Alle sind professioneller geworden”, sagt Gruber.

Fünf Tage in Frankreich

Manche Nationen, wie Gastgeber Frankreich, haben vier Boote von denen aus Trainer den Athleten in den Rennpausen Tipps geben. Deutschland hat ein solches Boot. Für alle fünf Kitesurfer, eine Frau und vier Männer, die bei der EM für die Bundesrepublik an den Start gingen. “Eigentlich bräuchte man zumindest seperate Trainer für Frauen und Männer. Auf dem Wasser ist so viel los, da kann ein Coach nicht den Überblick behalten”, erklärt Gruber.

Volle Konzentration: Florian Gruber aus Muhr am See bei der EM vor der französischen Südküste.

Volle Konzentration: Florian Gruber aus Muhr am See bei der EM vor der französischen Südküste.
© Foto: Alex Schwarz

Dabei gehört er selbst zu denen, die es gewohnt sind, auf sich alleine gestellt zu sein. Seine gesamte Karriere über hat er sich meistens selbst trainiert, bis heute. Erfolgreich ist er trotzdem – auch in Montpellier. Über fünf Tage hinweg duellierten sich die besten Kitesurfer des Kontinents vor Frankreichs Küste. “Am ersten Tag hatten wir alle in unserer Gruppe fünf Rennen, am zweiten Tag wurden die Gruppen neu gemischt”, erklärt Gruber den Modus. Die besten 30 durften auch an Tag drei und vier noch aufs Wasser.

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Am Finaltag dann nur noch die besten 14 Kitesurfer. Natürlich mit dabei: Florian Gruber. “Am vorletzten Tag lief es nicht so gut, und ich hatte nur Platz elf als Ausgangsposition für den letzten Tag”, blickt Gruber zurück. Zu wenig für die eigenen Ansprüche. Bei internationalen Wettkämpfen will Gruber stets mindestens unter die besten Zehn, lieber noch unter die besten Fünf. Aber der Mann, der abwechselnd in Muhr am See und in Garmisch-Partenkirchen wohnt, ist einer, der unter Druck am besten funktioniert. Wenn es wichtig wird, liefert er ab. Auf den Punkt.

“Wollte bester Deutscher sein”

“Ich bin ein Wettkampftyp. Ich mag es, wenn es um alles geht”, beschreibt er sich selbst. Auch bei der Europameisterschaft gelingt es ihm, das zu beweisen. Mit einer Weltklasse-Leistung am letzten Wettkampftag schiebt er sich an sechs Konkurrenten vorbei auf Platz fünf. “Das ist ein ordentliches Ergebnis. Klar, es kann immer besser sein, aber Fünfter bei der EM, das kann man schon vorzeigen”, bilanziert Gruber. Auch wenn sein fünfter Platz eigentlich Rang sechs aller gestarteten Kitesurfer entspricht – denn es ist Max Maeder, ein 15-jähriger Gaststarter aus Singapur, der alle anderen hinter sich lässt. Weil das Wunderkind Maeder, der die Szene seit Jahren aufmischt, aber nicht aus Europa kommt, zählt er nicht in die offizielle EM-Wertung.

Nicht ganz unwichtiger Nebenaspekt in der Endabrechnung: Der Rivale im eigenen Lager, Jannis Maus, reiht sich deutlich hinter Gruber ein. Diese Revanche sei ihm irgendwie schon wichtig gewesen, sagt Gruber: “Ich wollte zeigen, dass ich der beste Deutsche bin.”

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Im Oktober gibt es dazu die nächste Gelegenheit – dann bei einem noch wichtigeren Event, der Weltmeisterschaft auf Sardinien. Vorher steht dieses Wochenende noch ein Weltcup-Rennen auf dem Traunsee im oberösterreichischen Salzkammergut an. Ein letzter Härtetest vor der WM, die Gruber die Chance bietet, zum Ende eines schwierigen Jahres alle Widrigkeiten vergessen zu machen.

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